Pfarrerin Junita Rondonuwu-Lasut :
Liebe Schwester und Brüder in Jesus Christus,
Gott verflucht die Bosheit der Menschen mit einer Sintflut. Nur Noah und seine Familie wurden gerettet. Und als die Sintflut zurückging, sprach Gott in Gen 8, 21-22: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Gott versprach, die Menschheit nicht mehr mit einer Flut zu verfluchen. Das Ereignis der Flutkatastrophe war also das letzte seiner Art. Diese Erde wird sich weiterhin drehen. Die Jahreszeiten werden sich stets wechseln, damit die Menschen zu den festgelegten Zeiten säen und ernten können.
Wenn Gott etwas verheißt, dann wird Gott ohne Zweifel sein Versprechen erfüllen. In Gen 9, 13-16 verheißt Gott: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. Und wenn es kommt, dass ich Wetterwolken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolken. Alsdann will ich gedenken an meinen Bund zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, dass hinfort keine Sintflut mehr komme, die alles Fleisch verderbe. Darum soll mein Bogen in den Wolken sein, dass ich ihn ansehe und gedenke an den ewigen Bund zwischen Gott und allem lebendigen Getier unter allem Fleisch, das auf Erden ist.
Der Regenbogen ist ein Zeichen seiner lebendigen Verheißung für die Menschen und alle Lebewesen. Darum erinnert euch daran, so lange wir noch den Regenbogen sehen, dass Gott sich um uns und seine gesamte Schöpfung kümmert.
Liebe Gemeinde, bestimmt fragen wir uns: Wird Gott sich wirklich an sein Versprechen hal-ten? Jedes Jahr reißen große Fluten tausende Menschenleben mit sich. Viele Tiere sind vor dem Aussterben bedroht und viele Pflanzen und Wälder sind zerstört.
In Indonesien besteht im Moment eine lange Dürre. Viele Wälder brennen. Die Menschen hoffen auf Regen. Aber wenn der Regen endlich für einen ganzen Tag fällt, folgt danach eine große Überflutung. Mit vielen Opfern als Folge. Dabei versprach Gott, dass er die Menschen nicht mehr mit einer Flut verfluchen würde, ganz gleich, ob sie von klein auf böse sind. Wie können wir diese Gottes Verheißung verstehen?
Pfarrer Tim van de Griend :
Vieles dieser Verheißung kann man, glaube ich, anhand eines kleinen Wortspiels verstehen. Dieses Wortspiel geht in der deutschen Übersetzung der Bibel fast zwangsläufig unter. Wenn man aber den Ursprungstext des Alten Testamentes, das Hebräische, liest, findet man das Wortspiel wieder. Gott verspricht: „Nie werde ich wieder die Erde verachten um des Men-schen willen.“ Der Mensch wird hier angedeutet mit Adam, mit dem Begriff, den wir als Namen des ersten Menschen, Adam, kennen. Und die Erde, das ist in diesem Vers nicht der Planet – das ist hier der Boden, der fruchtbare Boden, der dem Menschen die notwendige Ernährung hergibt. Dieser Boden heißt im hebräischen adama. Gott verspricht also wörtlich: „Nie werde ich die adama verachten um Adams willen.“
Dieses Wortspiel zwischen Adam und adama durchzieht die ganzen ersten Kapitel des Bu-ches Genesis. Und man spürt: Der Mensch soll aus Gottes Sicht seinen Platz verstehen. Der Mensch mag zwar die Krönung der Schöpfung sein, aber er ist nicht die Ursprungskreatur. Nicht der Mensch, sondern der Boden, die adama, ist Gottes steht am Anfang von Gottes Schöpfung. Der Mensch, Adam, soll bloß nicht denken, dass er diese Ursprungskreatur ver-nichten könne. Wenn er etwas vernichten könnte, dann höchstens sich selbst. Die Mensch-heit kann die Menschheit vernichten. Der Boden aber hat Bestand. Wenn Gott spricht: „Nie werde ich wieder die Erde verachten um des Menschen willen,“ dann verheißt er der Menschheit nach Noah nicht einfach ein sicheres Leben. Gott scheint zu wissen, er scheint zu ahnen, was erneut passieren könnte, dass die menschliche Überheblichkeit tief im menschli-chen Herzen, im menschlichen Wesen steckt – und Gott deutet – das ist sein eigentliches Versprechen – er deutet eine Bremse an, die den Menschen, der ja naturgemäß ein Wieder-holungstäter ist, vor der endgültigen Vernichtung seiner Lebensgrundlage hüten wird; eine Bremse, die ihn vor der definitiven Destruktion der Erde, schützen wird.
Was hat es mit dieser Bremse auf sich? Das ist die entscheidende Frage.
Wenn es so ist – sagen die urkonservativsten Kräfte des Christentums, nicht selten Kalvinis-ten – wenn es so ist, dass es diese Bremse gibt und diese Bremse in Gott selbst liegt, dann können Menschen die Erde gar nicht vernichten. Wenn Gott sich kurz vor dem menschen-gemachten Aus, wenn die Sonnenstrahlen auf die Erde donnern und zeitgleich die Feuchtig-keit irre Ausmaßen angenommen hat, wenn Holland vollständig unter Wasser steht, und wir alle in einem stickigen Glashaus leben, in dem sonst nur noch das furchtbarste Ungeziefer es aushält und nur noch schale Tomaten und aufgeweichte Paprikas wachsen – wenn es eh so ist, das dann das lodernde Sonnenlicht in der klammen Feuchtigkeit einen Regenbogen be-wirkt – und Gott sich eh an seinen Bund erinnern wird, dann können wir fröhlich weiter nach Öl bohren in Alaska, Steinkohle fördern in der Ostukraine und Braunkohle in der Lausitz und alle fliegen, bis wir auch noch das letzte Eck unseres Planeten fünfmal besucht haben. Uns wird nichts passieren.
Jeder Mensch, der sein Konservatismus aber nicht vor seinem angeblichen Christentum schiebt, spürt, dass das der Sinn dieses Textes gerade nicht ist – auch wenn man den Text buchstäblich so lesen könnte. Man hört ja die Widersacher des Apostels Paulus sprechen, die sagen, dass man bloß mehr sündigen sollte, damit Gott sich noch gnädiger zeigen kann. Und Paulus sagt zu denen: genau das sei ferne! Nein, die Schlussfolgerung oder auch die Idee, die das Wortspiel von Adam und adama erwecken möchte, ist einfach. Es ist wie eine kleine Er-innerung. Wie in der Sprache, so gibt es auch in der Wirklichkeit, sagt dieses Wortspiel, eine intensive Beziehung zwischen dem Menschen und dem Boden – ist der Mensch, der ganz am Anfang der Bibel dem Boden der Erde entnommen wird, dauerhaft vom Boden abhängig.
Beide eint – in der Vorstellung der Bibel – nämlich die gleiche Farbe – die heißt adoom, das hebräische Wort für „rotbraun“. Egal wie pigmentiert der Mensch ist, nie ist er völlig schwarz, und wie weiß der Menschen auch immer sein mag, man sieht immer noch seinen Hauch des roten Blutes, das in jedem Menschen strömt. So hat auch die Erde immer und überall Farben zwischen rot, dunkel- und hellbraun. Also, ich bin genommen vom Boden – ich bin Staub der Erde, gefüllt, erfüllt mit Lebensatem, aber meine Hautfarbe verrät meine Verbundenheit, meine Angewiesenheit. Meine Hautfarbe verrät, dass der Mensch für sein Leben immer auf die Erde, auf den Boden verwiesen sein bleibt. Menschliches Leben gibt es nicht ohne Boden. Und die Grundsünde, die Ursünde, wäre im Umkehrschluss, dass der rot-braune Mensch diese Verbundenheit mit dem rotbraunen Boden vergisst. Und das große Versprechen Gott drückt den Wunsch, aber auch das Vertrauen Gottes aus, dass der Mensch diese Verbundenheit nie endgültig vergessen wird. In Noah und seinen Nachkommen, also in der ganzen Menschheit, hat Gott selbst ein neues Wissen angelegt, ein Bewusstsein, ein Besef (heißt das auf Niederländisch), la conscience verortet, die macht, dass der Mensch es nicht bis zum bösen Ende treiben wird, treiben kann, ein Bewusstsein, das macht, dass der Mensch irgendwann dann doch versteht, dass er dabei ist, seine eigene Grundlage, den Bo-den, die Erde, auf das Spiel zu setzen.
Daher kommt zumindest nicht nur meine Hoffnung, sondern sogar mein Optimismus. Als in den 90ern die Ozonschicht angsteinflößend dünn wurde, schaffte es die Menschheit kollektiv Treibhausgasemissionen zu verringern. Als in den 80ern saurer Regen Wälder bedrohte, schaffte es die Menschheit kollektiv, die Stickstoffemissionen zurückzudrängen. Der Mensch, die Menschheit, inklusive Donald Trump, ahnt es doch irgendwie, wenn es richtig ernst wird. Die Geschichte vom Bunde Gottes mit Noah gäbe uns die Gewissheit, dass – gesprochen mit dem Heidelberger Katechismus - wir Menschen zwar im Grunde „böse und verkehrt sind, unfähig zu irgendeinem Guten und geneigt zu allem Bösen“ – aber, dass wir gesprochen mit dem gleichen Katechismus, als Nachkommen Noah auch schon ansatzweise „durch den Geist Gottes wiedergeboren“ wurden. Am Ende, möchte ich glauben, möchte ich hoffen, ist tief im Menschen, im Adam, das Wissen angelegt, dass er vom Boden, von der adama, bei Erweite-rung: von der Erde abhängig ist.
Pfarrerin Junita Rondonuwu-Lasut :
so bin auch ich mir sicher, dass Gott sein Versprechen nicht brechen wird. Diese Welt ist seine Schöpfung, von ihm gesegnet.
Indonesien war bis in den 80ern das Land mit den größten Regenwäldern dieser Erde. In die-sen Wäldern lebten eine Vielfalt von Lebewesen von den größten zu den kleinsten, mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen. Es existierten unzählige Pflanzenspezies. Viele davon waren nur in diesen indonesischen Wäldern zu finden.
Heute finden sich dort statt Regenwälder nur noch Palmölplantagen, die einen hohen Wirt-schaftswert haben. Ein Großteil des Palmöls wird nach Japan, Südkorea, Europa und in die USA exportiert.
Diesen August ging ich zurück nach Indonesien. Vom Flugzeug aus sah ich, wie der Regen-wald nun zu einer Monokultur verwandelt war. Das ist der Grund, warum bei einer langen Hitzewelle, eine Dürre entsteht. Denn der Wald speichert kein Wasser mehr. Und auch wa-rum, wenn es auch nur für einige Stunden ununterbrochen regnet, große Fluten entstehen. Denn die tiefen Wurzeln der großen Bäume gibt es nicht mehr, sodass kein Regenwasser aufgesogen wird.
Die kritische Frage hier ist, ob der Fehler in Indonesien alleine die Taten der Indonesier als Ursache hat. Natürlich nicht. Sie pflanzen diese Palmen an, um die Nachfrage der Industrie-länder nachzugehen.
Weil der Wald sowohl in Indonesien als auch im Amazonasgebiet immer kleiner werden, so steigt auch die Temperatur. Fluten und Waldbrände werden zur Routine. Diese Dinge ge-schehen nicht, weil Gott sein Versprechen gebrochen oder gar vergessen hat. Diese Naturka-tastrophen geschehen durch unseren Eigenverdienst als Menschen.
Gott hat versprochen, dass er diese Erde nicht verfluchen wird. Es ist doch klar, dass dieses Versprechen eine Erwiderung von uns Menschen, die hier Bewohner sind, braucht. Wenn Gott diese Erde nicht verfluchen wird, so müssen wir ebenfalls unser gemeinsames Zuhause pflegen, als eine Antwort auf Gottes Versprechen.
Pfarrer Tim van de Griend :
Das könnte heißen: zunächst bewusst und gezielt wahrzunehmen, was und wer uns anver-traut wurde, bewusst und gezielt das Leben im kleinen Kreis zum Wachstum zu bringen. Man sollte das einfache Leben im Dorf, vor 200 Jahren irgendwo in Europa, heute noch an einigen Orten, nicht idealisieren. Die Arbeit auf dem Land, auf dem Boden, war, sie ist hart. Die Menschen starben früh. Die Welt war klein. Nicht selten war das Weltbild dementsprechend beschränkt. Aber man sollte auch eine Welt nicht idealisieren, in der alle Güter, alle Nähr-mittel ständig endlos verfügbar sind, ihres Wertes beraubt – in der Achtsamkeit und Dank-barkeit quasi zwangsläufig auf der Strecke bleiben, weil eh immer alles da ist. Die menschli-che „Antwort auf Gottes Versprechen“, wie du es sagtest, Junita, unser Gebet könnte es heu-te sein, dass man Zeit nimmt, dass man innehält zu genießen, bewusst zu schmecken, be-wusst zu prüfen, bewusst zu riechen, was es gibt – Zeit, die fehlt, um nicht das nächste schon zu verbrauchen. Am Ende gilt, dass wir den Boden, die adama, bekommen haben, dass nichts uns gehört, dass wir alles empfangen. Der Noah der Bibelgeschichte muss sich gerade des-sen bewusst gewesen sein. Sonst lässt sich sein sofortiges Opfer auf dem endlich wieder ver-fügbaren Boden nicht verstehen. Er druckte aus, dass er von seiner menschlichen Abhängig-keit wusste. Und Gott verspricht ihm erst daraufhin, erst nachdem der Mensch Noah gezeigt hat, dass er sich seiner Abhängigkeit bewusst ist, seinen Segen.
Pfarrerin Junita Rondonuwu-Lasut :
Ja, Gott verspricht, dass der Regenbogen immer über den Wolken zu sehen sein wird. Wenn wir einen sehen, so wird es uns leicht ums Herz. Warum? Weil der Regenbogen wunder-schön und zauberhaft ist. Er ist das Symbol, dass der Sturm vorbei ist. Und am Ende des Sturms wartet neue Hoffnung.
Gott selbst ist die Quelle dieser Hoffnung. In Jesus ist er Mensch geworden. Und Jesus ist unter uns, mit uns. Er hat uns Menschen gerettet, und auch alle Lebewesen der Natur gehö-ren zu Gottes Erlösungswerk in Jesus Christus.
Wir wurden hinausgesandt, um uns die Natur untertan zu machen, wurden aber auch beauf-tragt, diese zu pflegen und zu beschützen. Fürsorge zu haben für Gottes Schöpfung ist Teil unserer Verantwortung als Menschen im Glauben an Gott in Jesus Christus.
Amen.